Gastbeitrag „Monogamie : mein Leben mit zwei Männern“

Eigentlich finde ich das total komisch, wenn jemand gerade einen Blog eröffnet und gleich darauf schon einen Gastbeitrag postet. Aber dieser hier ist einfach anders. Es muss kurz nach unserer Hochzeit gewesen sein, als ich auf Kurzstrecke einen Kollegen kennenlernte, dessen Mann unser Purser war. Bei einer Crew dauert es nicht lange, dann fühlt man sich so verbunden, als kenne man sich schon ewig und so redeten wir schnell über unsere Hochzeiten und Kinderwünsche. Als wir uns nach der Tour verabschiedeten sagte Kevin, sie würden in zwei Tagen zum ersten Mal ihren Sohn treffen. Ich fand diese zwei Kollegen toll und als ich Kevin auf Instagram wiedertraf, war ich froh, auch mal ab und an ein Foto von seinem Alltag als Papa zu sehen. Irgendwann fragte ich ihn einfach, ob er nicht auch sehr viel zu erzählen hätte und er vielleicht mal was abtippen möchte. Kevin war etwas unsicher, schickte mir aber ein paar Tage später diesen Text und hatte Blut geleckt… Er gestaltete seinen eigenen Blog, den ich sehr gerne lese! Also hier, Kevins erster Beitrag:

 

Monogamie : mein Leben mit zwei Männern

 

Vor zwei Jahren wäre es noch undenkbar gewesen – und jetzt bin ich Papi. Ja, Papi nicht Papa. Diese Unterscheidung ist ganz wichtig, aber dazu später mehr.
Mein Mann und ich sind seit 7 1/2 Jahren zusammen und  seit anderthalb Jahren verheiratet. Wahnsinn!!
Über Kinder gesprochen hatten wir schon öfters, aber Ahnung wie wir es angehen sollten, keine. Und doch war für mich immer klar: ich will eine Familie! Mit Kindern!
Für mein Mann war das Thema Kinder eigentlich schon abgehakt. Ich machte dennoch ein Vorstellungsgespräch beim Jugendamt in Frankfurt aus und sagte meinem Mann erst kurz vorher, dass wir da jetzt mal hinmüssten.

Ein halbes Jahr später fanden wir uns in einem sogenannten Vorbereitungsseminar für Pflegeeltern wieder. Wir mussten eine Familienaufstellung machen, Rollenspiele spielen und uns anhören wie furchtbar alles werden könne. Jetzt ganz ohne Utz, man bekommt echt sehr viel Negatives erzählt – aber irgendwie muss ja sichergestellt werden, dass nur diejenigen, die es wirklich ernst meinen, bis zum Ende bleiben.

Neun Monate (kein Witz) und unzählige Gespräche, Amtsbesuche, Arztuntersuchungen und Hausbesuche später – wir wollten schon fast abbrechen –  wurde uns gesagt, man hätte ein Kind das zu uns passt. Wie, woher will man das denn wissen? Und doch, bei uns passt der kleine Rabauke (ich liebe das Wort – Rabauke) perfekt zu uns.

Wir lernten den kleinen Mann also kennen. Informationen hatten wir nicht viele: seinen Namen, sein Alter, wie er aussieht (man hat uns Fotos gezeigt) sehr wenig über seine Vergangenheit und dass er momentan im Heim lebt. Eigentlich lernt man erst die leiblichen Eltern kennen, weil der Kontakt zu diesen aufrecht gehalten werden soll. In unserem Fall kam es aber nicht dazu.

Also, tatsächlich fast neun Monate später, fuhren wir das erste Mal ins Kinderheim. Was ein seltsames Gefühl. Wie wird es sein? Wird er uns mögen? Werden wir ihn mögen?

Uns wurde gesagt, das wir immer ‚Nein‘ sagen können. Lieber nein sagen, als es irgendwie zu versuchen. Denn das ginge meistens schief. Man versuchte es so lange bis ein Kind passen würde.
Wir kamen am Kinderheim an und gingen in den Garten, es war Sommer. Alle Kinder stürzen auf uns zu. Erstens zwei Männer, das passiert nur sehr selten, und Zweitens haben Kinder riesige Antennen. Diese Kinder vielleicht noch Größere, denn wir waren potenzielle Eltern.
Nur einer kam nicht, er blieb schüchtern im Sandkasten sitzen. Der erste Moment in dem ich Schluuri sah, war unglaublich. Komisch. Wundervoll. Ich hatte sofort Tränen in den Augen. Der kleine Mann da im Sandkasten könnte unser ‚Sohn‘ sein, sein restliches Leben mit uns verbringen – das ist doch einfach unglaublich.
Wir waren angehalten uns im Hintergrund zu halten. Das war am schwersten. Doch als der kleine Mann im Sandkasten mit einer verstopften Gießkanne kämpfte, forderte man uns auf ruhig zu helfen. Etwas zögerlich ging mein Mann hin. Die Freude über die wieder funktionierende Gießkanne war natürlich groß.
Kurze Zeit später saß Schluuri auf dem Holzrand des Sandkastens und klopfte neben sich auf den Rand und zeigte auf meinen Mann. Da war für mich eigentlich schon alles klar.

Mittlerweile lebt Schluuri seit 13 Monaten bei uns (echt jetzt? erst? schon?) und wir könnten es uns jetzt nicht mehr anders denken. Es ist einfach großartig.
Jetzt noch zu dem Thema Papi und Papa. Das hatte ich ja angekündigt. Am Anfang nannte Schluuri mich Mama. Also war ich Mama. Denn ich bin derjenige der zu Hause bleibt.
Ich mache echt viel mit, aber ein wenig eitel bin ich dann doch. Und auf der Straße oder dem Spielplatz wollte ich nicht unbedingt ‚Mama‘ gerufen werden.
Also erklärte ich Schluuri, das eine Frau Mama und ein Mann Papa sei. Aus ‚Mama‘ immer öfter ‚Papa‘. Bis wir schließlich beide ‚Papa‘ waren. Das führte zu einer neuen Herausforderung. Zweimal Papa. Eine Unterscheidung musste her. Denn während es für Schluuri toll war wenn er Papa rief, das beide kamen, war das irgendwie keine Lösung auf Dauer.

Kurz – mein Mann Ist Papa und mich nennt unser Sohn Papi.

Und Papi sein ist – Wahnsinn.

 

Wie schon erwähnt hat Kevin jetzt einen eigenen Blog: PaPaPi
Schaut dort doch mal vorbei!